Das Wesentliche über Sinn und Zweck von Kriegen ist bereits
gesagt worden. Es könnte aber auf Grund des bisher Gesagten der
Eindruck entstehen, daß eine Population unmittelbar auf Grund
des Bevölkerungsdruckes über Krieg oder nicht Krieg entscheiden
würde. Einer Population und ihren Führern ist diese Situation
i. a. nicht einmal bewußt. Dasselbe gilt auch bei schon
eingetretener Katastrofe. Bevölkerungsdruck und Katastrofe sind
aber immer von Erscheinungen begleitet, die von allen Mitgliedern
einer Population als unangenehm empfunden werden, und die es
deshalb abzuändern bzw, abzuwehren gilt. Sind diese unangenehmen
Begleiterscheinungen abgewehrt, so ist es auch die Katastrofe.
Wieviel Aufwand eine Population dafür einzusetzen bereit ist,
hängt davon ab, wie das Ausmaß der Katastrofe minimal gehalten
werden kann, also davon, daß möglichst wenige Menschen durch die
Katastrofe abtreten müssen, bzw. möglichst viele Menschen die
Katastrofe unbschadet überstehen. Wenn es einer Popuolation
gelingt, niemanden vorzeitig sterben zu lassen, dann hat sie das
maximal mögliche Ergebnis bei ihrer Katastrofenabwehr erreicht.
Die erste Frage, die sich einer Population also stellt, ist, was
sie zur maximalen Abwehr einer Katastrofe benötigt. Wenn sie
Nahrung benötigt, dann ist es fruchtbares Land, fehlen ihr
Ressourcen, dann ist es Territorium, aus dem sich Ressourcen
gewinnen lassen. Aus diesem Bedarf und seiner Deckung, Sachzwang
genannt, ergibt sich die Richtung der Handlungsweise:
Gebietsansprüche und Ressourcennutzung. In einer begrenzten und
zivilisierten Welt berührt man mit einer solchen Zielsetzung dann
auch immer die Lebensinteressen der Zivilisationen, die dieses
Territorium nutzen bzw. besitzen. Bekommt man das Gewünschte,
dann ist die Katastrofe abgewehrt. Häufig kann man sich mit
Verträgen über die Nutzung von Land, Wasser und Ressoucen bzw.
deren Autausch einigen. In einer Situation allgemein angespannter
Nahrungs- und Ressourcenlage, die sich bei den Nachbarn dann
ebenso darstellt, ist eine solche Einigung aber i. a. nicht
möglich, weil der Gewinn der einen Population zum Verlust der
anderen würde. Die vermiedene Katastrofe in der einen führte
zur Katastrofe in der anderen Population.
Ein Krieg wird nach den bisherigen Erkenntnissen solange dauern,
bis sich die Bevölkerungsdichte wieder stabilisieren kann. Sein
Resultat bewegt sich zwischen den beiden folgenden Extremen:
1. Entweder man bekommt das, was zur Abwehr der Katastrofe
erforderlich ist, ohne Opferung von Menschenleben, also z. B.
dadurch, daß man aufgrund der Kriegsdrohung, auf Grund der
Entschlossenheit, Krieg zu führen, dann doch das gewünschte
erhält
oder
2. die Kriegsziele werden unter Opferung von Menschenleben
solange verfolgt, bis die Katastrofe durch Verringerung der
Bevölkerungsdichte durch Kriegstote gestoppt ist, ohne daß die
ursprünglichen Kriegsziele auch nur andeutungsweise erreicht
worden wären.
I. A. wird das Ergebnis eines Krieges zwischen diesen beiden
Extremen liegen. Stabilität durch einen gewissen Gewinn an
Ressourcen und einem gewissen Verlust an Population.
Zusammenfassend kann man über die Wirkung von Kriegen folgendes
sagen:
1. Dadurch, daß Krieg Bevölkerungsdichten rasch zu reduzieren
vermag, verringert er auch das Ausmaß von Katastrofen. Dies
ist die primäre Ursache für Krieg.
2. Je nach Bevölkerungsdichte der Nachbarpopulationen, gegen die
sich die Kriegshandlungen richten, wird die notwendige
Verringerung der Bevölkerungsdichte durch das mehr oder
weniger gelungene Erreichen der Kriegsziele abgemildert.
3. Das Maß des Widerstandes des Gegners ist proportional zu dem
ihm durch Erreichung der Kriegsziele drohenden
Bevölkerungsdruckes. Die Folge davon ist Interessensausgleich
durch Annäherung der Bevölkerungsdichten.
4. Ein Krieg läßt im Geegensattz zum Bürgerkrieg die inneren
Strukturen einer Population ziemlich unangetastet. Dadurch
wird schneller offenbar, wann die Bevölkerungsdichte wieder
Stabilität erlaubt, und reduziert schon dadurch das Ausmaß
von Katastrofen. Zumindest kann man das für die Kriege in
Europa bis zum Ende des 19. Jahrhunderts sagen.
Auf Grund dieser für eine Population so vorteilhaften Wirkungs-
weise leisten sich fast alle zivilisierten Populationen eine
Streitmacht. In guten Zeiten macht ihre Unterhaltung keine
Probleme, in schlechten Zeiten reduziert sich durch ihren
möglichen schnellen Einsatz das Ausmaß von Katastrofen.
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* Sicherheit ist ein Sekundäreffekt der Versorgungslage einer *
* Population und seiner Nachbarn. *
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Auf der Stufe der Sammler und Jäger nahn in einer menschenarmen
Welt die Sicherheit mit ihrer Mitgliederzahl zu, nämlich die
Sicherheit vor wilden Tieren. Dieser Sicherheitsaspekt spielt
heutzutage keine Rolle mehr. Der heutige Begriff der Sicherheit
wird durch unterschiedliche Bevölkerungsdichten in Beziehung
stehender Populationen festggelegt. Populationen mit schlechter
Versorgung verursachen z. B. bei ihren besser versorgten Nachbarn
eine gewisse Unsicherheit. Diese kann dazu führen, daß die so
verunsicherte Population Kriegshandlungen beginnt, um diese
Unsicherheit zu beseitigen. Ein solcher Krieg nennt sich
Präventivkrieg.
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* Die Verschlechterung der Versorgungslage einer Population *
* verringert die Sicherheit seiner Nachbarn. *
* Die Verbesserung der Versorgungslage einer Population *
* erhöht die Sicherheit seiner Nachbarn. *
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Die Zu- und Abnahme der Versorgung einer Population wirkt sich
also nicht nur in Form von Genuß und Zufriedenheit in der eigenen
Population aus, sondern auch in Form von Sicherheit bei den
Nachbarpopulationen. Da die Sicherheit einer Population durch die
Verbesserung der eigenen oder der Verschlechterung der
Versorgungslage der Nachbarpopulationen abnimmt, das
Kriegsrisiko also erhöht oder zur Gewissheit macht, wird das
Sicherheitsbedürfnis sebst zum Kriegsgrund: "Angriff ist die
beste Verteidigung." Die Kriegsbelastung wird dadurch auf das
gegnerische Territorium verlagert, das eigene wird geschont.
Welche Population auch den Krieg beginnt, sei es die eine, weil
sie ihre Nahrungs- und Ressourcenengpässe beheben will, sei es
die andere, weil sie der anderen aus Sicherheitsgründen zuvor-
kommen will, in beiden Fällen ist die Verschlechterung der
Versorgungslage einer der beiden Populationen die Ursache.
Beide Populationen haben einen "guten Grund" für einen Krieg.
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* Es ist nicht unbedingt diejenige Population Kriegsverusacher, *
* die die Kampfhandlungen beginnt, sondern diejenige, deren *
* Bevölkerungsdichte sich katastrofal verschlechtert. *
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Wenn also die Entscheidung "Krieg oder nicht Krieg", also
"Kampf oder nicht Kampf" ansteht, dann geht es im Grunde gar
nicht mehr um das "ob", sondern nur noch um das "wann", also
letztlich nur noch um militärische Überlegungen. Die Entscheidung
"Krieg oder nicht Krieg" ist unbemerkt längst vorher gefallen,
nämlich als die Bevölkerungsdichte einer der beiden Populationen
irgendeinen fiktiven, kritischen Wert überschritten hat.
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* Krieg ist ein Naturereignis.
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Wenn es also Populationen nicht gelingt, ihre Bevölkerungsdichte
zu stabilisieren, dann gilt diese Aussage uneingeschränkt.
Heutzutage ist darüberhinaus sogar eine Verringerung der
Bevölkerungszahl erforderlich.
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