Jede Katastrofe findet ihr Ende. Irgendwann tritt wieder
Stabilität ein. Die verschiedenen möglichen stabilen Zustände
unterscheiden sich nur in der Anzahl der Teilnehmer, die nach
der Katastrofe übrig sind.
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* Das Maß für die Schwere der Katastrofe ist die Anzahl der *
* Menschen, um die sich der neue vom alten Stabilitätszustand *
* unterscheidet. *
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Die Anzahl der Menschen nach einer Katastrofe ist geringer, als
vor einer Katastrofe. Ein Abweichen vom stabilen Zustand erfolgte
ja gerade aufgrund einer zu hohen Bevölkerungsdichte, sei es nun
auf Grund einer zu hohen Bevölkerungszahl, sei es auf Grund
eines verringerten Nahrungsangebotes. Der neue stabile Zustand
hat also höchstens so viele Menschen, wie der alte Zustand am
Leben erhalten hätte. Durch das Ablaufen der Katastrofe wird das
Nahrungsangebot aber kleiner, deshalb die Mühsal und der
Nahrungsverbrauch höher, so daß die Bevölkerungsdichte, die der
alte Zustand am Leben erhalten hätte, notwendigerweise unter-
schritten werden muß. Hieraus ergibt sich sofort:
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* Je schneller sich bei einer Katastrofe die Bevölkerungsdichte *
* der Regenerationsrate anpaßt, umso geringer ist das *
* endgültige Ausmaß der Katastrofe. *
* *
* Je länger diese Anpassung der Bevölkerungsdichte an die *
* Regenerationsrate auf sich warten läßt, umso größer ist das *
* Ausmaß der Katastrofe. *
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Je länger dieser Zustand dauert (in Vegetationsperioden), umso
schlechter wird das Nahrungsangebot, umso kleiner wird die
Regenerationsrate und umso größer wird die ohnehin schon erhöhte
Mühsal. Um wieder zu Stabilität zu gelangen, müssen also so
viele Menschen die Population verlassen, dass die Übrigbleibenden
trotz höherer Mühsal durch verringertes Nahrungsangebot und
damit erhöhtem Nahrungsbedarf nicht mehr verbrauchen, als die
aktuelle Regenerationsrate nachliefern kann. Damit sich
darüberhinaus die Situation in der Folgezeit wieder bessern
kann, darf die Regenerationsrate nicht einmal ausgenutzt werden.
Da die Regenrationsrate mit jeder weiteren Dauer dieses
katastrofalen Zustandes kleiner wird, wird auch die mögliche
Anzahl derjenigen kleiner, die die Katastrofe überstehen können.
Je füher sich also eine Population wieder an die Regenerations-
rate anzupassen vermag, umso größer ist also auch die Anzahl
ihrer verbleibenden Mitglieder und umso geringer ist natürlich
auch das Ausmaß der Katastrofe.
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* Eine Population ist bestrebt, das Ausmaß einer Katastrofe *
* so gering wie möglich zu halten. *
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Dies ist nicht so sehr eine Frage von Moral, Christlichkeit,
Humanität o. ä., sondern rührt einzig und allein von dem
gemeinsamen Interesse und Bestreben, die Wahrscheinlichkeit
und das Risiko, selbst direkt von der Katastrofe betroffen zu
werden, möglichst gering zu halten. Denn je größer das Ausmaß
einer Katastrofe, umso größer ist natürlich auch das Risiko für
das Individuum, selbst von der Katastrofe betroffen zu werden.
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Die einzige Möglichkeit, die Bevölkerungsdichte schnell an
die Regenerationsrate anzupassen und damit die Katastrofe zu
stoppen, ist in einer dicht bevölkerten Welt der Tod von
Populationsmitgliedern.
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Die Betonung liegt hier auf "schnell".
Je länger eine Katastrofe dauert, umso mehr Menschen müssen
abtreten. Schnelligkeit rettet also Leben. Eine schnelle
Möglichkeit war früher das Ab- bzw. Auswandern von Populations-
mitgliedern. Diese Möglichkeit wurde im 18. und 19. Jhdrt. von
den Europäern durch Auswanderung nach Amerika praktiziert.
Auswanderung ist aber nur dann sinnvoll, wenn die Zielregion
in Bezug auf das Nahrungsangebot und die zivilisatorischen
Möglichkeiten eine geringere Bevölkerungsdichte aufweist als
das Herkunftsland. Auswanderung in Nachbarregionen kommt im
allgemeinen nicht in Betracht, da diese infolge von Technologie-
transfer eine ähnlich hohe Bevölkerungsdichte aufweisen. Aber
trotzdem hat es auch das gegeben. Im 17. und 18. Jhdrt. sind
z. B. viele deutsche Handwerkerfamilien nach Ungarn, Siebenbürgen
und Rußland abgewandert. Heute ist das kaum noch denkbar, da
sich fast alle Länder gegen Einwanderer abschotten. Die
Zivilisation als Mittel zur Verringerung der Bevölkerungsdichte
entfällt. Ihr Hinterherhinken hinter dem zunehmenden
Bevölkerungsdruck hat ja gerade zur Katastrofe geführt.
Außerdem entwickelt sich Zivilisation ziemlich langsam, zu
langsam, um eine eingetretene Katastrofe aufzuhalten. Deshalb
bleibt nur der vorzeitige Tod von Populationsmitgliedern, um das
Ausmaß der Katastrofe gering zu halten. Der schnelle Tod weniger,
um den langsamen Tod vieler zu verhindern.
Die Menschen haben im Laufe der Zeit verschiedene Tötungsrituale
praktiziert, um die Bevölkerungsdichte schnell an die
Regenerationsfähigkeit ihrer Umgebung anzupassen:
1. Ungleiche Verteilung des Nahrungsangebots.
Es gibt Reiche und Arme. Bei Verknappung verrhungern die
Armen und die nicht so armen können sich in bessere Zeiten
hinüberretten. Ein Beispiel dafür ist die große
Hungerkatastrofe in Irland in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Bei dieser Katastrofe sind von den damals 6,5 Millionen Iren
2 Millionen verhungert. Relativ wenige sind nach Amerika
ausgewandert.
2. Durch Tötung von Mitgliedern der eigenen Population.
Hier gibt es mehrere Varianten:
a) Tötung von Alten und Nicht-Brauchbaren.
Das wurde bei den Lappen in Skandinavien, bei den
nordamerikaischen Indianern als auch bei den Eskimos
praktiziert. Die Lappen haben ihre Alten ertränkt;
Indianer und Eskimos ließen ihre Alten im Winter in der
Wildnis zurück. Gesellschaftliche Zustände von hoch-
zivilisierten Industrienationen haben eine vergleichbare
Wirkung. Alte werden in Altenheime abgeschoben oder sich
selbst überlassen. Im ersten Fall verkürzt sich die
Lebenserwartung durch den Entmündigungsstress im zweiten
Fall durch Vereinsamung. In beiden Fällen: vorzeitiges
Abtreten.
b) Kindestötung.
Das wurde bei den Indianern, Beduinen und den Germanen
praktiziert. Bei den Beduinenstämmen in Notzeiten, bei
Indianern und Germanen zur Geburtenkontrolle. So war es
bei verschiedenen nordamerikanischen Indianerstämmen
üblich, Neugeborene in kaltes Wasser zu werfen. Wenn sie
schwammen, waren sie akzeptiert; gingen sie unter überließ
man sie ihrem Schicksal.
Bei den Germanen stand dem Vater die Entscheidung zu, das
Neugeborene zu behalten oder es aber in der Wildnis auszu-
setzen.
c) Tötung von gleichrangigen Populationsmitgliedern.
Diese hatte zwei Haupterscheinungsformen: den Bürgerkrieg
und den Pogrom.
Der Bürgerkrieg hat seinen Ausgang in erster Linier im
Unterschied bei den Chancen und Möglichkeiten der
Populationsmitglieder, wenngleich auch in seinem
fort geschrittenen Stadium i. a. der Riß durch alle
Bevölkerungsteile und Schichten geht, sogar durch die
Familien wie man im jugoslawischen Bürgerkrieg so gut
beobachten konnte.
Die bekanntesten Pogrome sind die Verfolgung von Christen
im römischen Reich, Juden im christlichen Abendland,
Hugenotten in Frankreich. Aber auch die Tötung von
kriminellen durch die Justiz fällt darunter.
3. Durch Tötung von Mitgliedern benachbarter Populationen, Krieg.
Das hat gegenüber dem Bürgerkrieg den Vorteil, daß die
inneren Strukturen einer Population im Wesentlichen erhalten
bleiben und somit Kriegsauswirkungen überschaubar bleiben,
so daß bei "hinreichender" Absenkung des Bevölkerungsdruckes
die Kampfhandlungen sofort eingestellt werden können und
unverzüglich nach dem Krieg das gesellschaftliche Leben
so weitergehen kann, wie es vor dem Krieg ablief, jedoch
einer geringeren Anzahl von Teilnehmern.
Welcher dieser Prozesse abläuft, orientiert sich nur an dem Ziel,
das Ausmaß der Katastrofe so gering wie möglich zu halten. Je
nach Umgebungsbedingungen wird der eine oder andere Prozess
stattfinden.
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