Erich Paus
Das Wohl des Volkes ist das oberste Gesetz.
Erich Paus, Auf der Platt 15, 65307 Bad Schwalbach
Fon : 06124 721186,   Fax : 06124 721840
PausErich@PausErich.de   http://www.PausErich.de/
Vorspann Aktuelles Inhaltsverzeichnis Stichwortverzeichnis Impressum Nachricht an Erich Paus
Der EU-Vertrag verfaßt Europa als Despotie. Er ist Werk einer faschistischen Verschwörung hochgefährlicher antidemokratischer Zersetzer, Saboteure und Geisteskranker. Merkel, Sarkozy, Cohn-Bendit, Schulz, Pöttering,.... betätigen sich als Zuarbeiter dieser Verbrecherbande.

Effektives Führungsverhalten

Erstveröffentlichung in
Harvard Manager Magazin III/1983

Bad Schwalbach, den 09.07.2004



Immer dann, wenn mindestens zwei Personen ein gemeinsames Ziel
verfolgen, spricht man von einer Organisation. Jede Organisation
- sei es nun ein Staat, ein Konzern, ein Drei-Mann-Unternehmen
oder eine Familie - besitzt eine Führungsstruktur. Sie hat für 
die Organisation die gleiche Bedeutung wie das Nervensystem für
ein Lebewesen: Mit der Qualität steht und fällt die Lebensfähig-
keit. Gemessen wird die Qualität einer Führungsstruktur am Erfolg
(Tatsache des Erfolgs), am guten Erfolg (Qualität der Problem-
lösungen zur Zielerreichung) und an der Effizienz (möglichst ge-
ringer Ressourcenverbrauch). Welche Eigenschaften aber müssen
Führer besitzen, damit eine gute Führungsstruktur vorliegt?
Entscheidend sind drei Gesichtspunkte: 1. Zielaspekt, 2. Pro-
lemlösungsaspekt, 3. Kommunikationsaspekt.

Die beiden Begriffe "Führer" und "Mitarbeiter" werden in diesem
Beitrag benutzt, um ein Unterstellungsverhältnis auszudrücken,
nicht jedoch, um eine feste Rollenverteilung vorzunehmen. So kann
ein Mitarbeiter selbst wieder ein Führer sein, nämlich Führer
einer Teilorganisation, und ein Führer kann wieder Mitarbeiter
eines Vorgesetzten sein.

Jede Organisation hat Ziele. Ziele sind überhaupt erst der
Anstoß zu einem Organisationsprozeß, zur Organisationsbildung.
Die Ziele und ihre Teilziele sind die Auslöser für die Aufteilung
einer Organisation in Teilorganisationen mit ihren jeweiligen
Führern. Sie sind Auslöser für die Organisations- und Führungs-
struktur. Ohne Ziele gibt es keine Organisation. Eine Organisa-
tion, die keine Ziele mehr hat und sich auch keine Ziele mehr
sucht, löst sich auf, ob die Mitglieder wollen oder nicht. Dieser
zerstörerischen Kraft von Ziellosigkeit wird in Staats- und 
Unternehmensorganisationen viel zu wenig Bedeutung beigemessen.



-----------------------------------------------------------------
Der Zielaspekt
-----------------------------------------------------------------

Zielorientierung ist Voraussetzung für Problemerkennung sowie
optimale und effiziente Problemlösung. Ziele sind der Schlüssel
(Code) für die Nachrichten, die wir aufnehmen. Erst Ziele machen
aus Nachrichten Informationen. 

Ein Beispiel möge das illustrieren:
Gegeben sei die Nachricht "Firma XYZ steht vor dem Konkurs".
- Ein Aktienbesitzer, der das Ziel hat, sein Einkommen zu mehren,
  entnimmt der Nachricht die Information: XYZ-Aktien verkaufen.
- Für den XYZ-Mitarbeiter, der das Ziel hat, seinen Lebensunter-
  halt zu bestreiten, enthält sie die Information: Neue Stelle 
  suchen.
- Ein Zulieferer von XYZ hört aus der Nachricht die Information:
  Lieferung nur gegen Cash.
- Eine nichtbetroffene und uninteressierte Person wird mit der 
  Nachricht nichts anfangen können, sie möglicherweise gar nicht
  bewußt wahrnehmen oder sie schnell wieder vergessen.

Ohne Zielorientierung ist die Umwelt also nicht wahrnehmbar und
analysierbar. Da auch Problemerkennung zunächst die Aufnahme von
Nachrichten verlangt, kann ich Probleme erst dann erkennen, wenn
ich Ziele habe. Überhaupt nehmen wir nur einen ganz geringen Teil
derjenigen Nachrichtenmenge bewußt wahr, die in jedem Moment auf
uns einstürzt: Farben, Formen, Geräusche und so weiter. Die Nach-
richten, die wir wahrnehmen, werden dabei durch unsere Lebens-
ziele bestimmt beziehungsweise selektiert. Eine andere Form ziel-
gerichteter Wahrnehmung ist Konzentration. Konzentration bedeu-
tet, aus einem Nachrichtenstrom ganz klar umgrenzte Informationen
zu gewinnen. Da ohne Ziele keine Informationen zu gewinnen sind,
führt Ziellosigkeit notwendigerweise ins Chaos: Wenn ich nicht
weiß, was ich will, dann nehme ich auch keine Probleme wahr.

Deshalb müssen Führer die Unternehmensziele genau kennen. Sie
müssen sich mit ihnen auseinandergesetzt haben. Sie müssen sie 
an ihre Mitarbeiter vermitteln, so wie sie ihnen vom Vorge-
setzten vermittelt worden sind, damit ihre Mitarbeiter ihre
Handlungsweise danach ausrichten können. Ein Führer meldet
seinem Vorgesetzten die Probleme der Zieldefinition zurück
und bewirkt erforderlichenfalls eine Zielmodifizierung.

Mangelnde Zielorientierung in Organisationen führt dazu,
dass Manager nicht mehr Organisationsziele verfolgen, son-
dern persönlichen Zielen nachgehen: Sie versuchen sich Vor-
teile auf Kosten anderer Organisationsmitglieder oder der
gesamten Organisation zu verschaffen. Problemlösungen werden
von diesen Managern nicht daran gemessen, inwieweit sie den
Organisationszielen nutzen, sondern nur daran, ob sie per-
sönlichen Aufwand und Risiko erfordern. Es kommt dann zu
Lösungen, die der "Mächtigste" durchgesetzt hat, nötigen-
falls um jeden Preis, den die Organisation bezahlen muß.

Ein einfaches Beispiel möge dies illustrieren. Zwei Abtei-
lungen, A und B, haben einen Konflikt miteinander, für den
es drei Lösungen gibt:
1. Lösung: Viel Arbeit für A, wenig Arbeit für B.
2. Lösung: Viel Arbeit für B, wenig Arbeit für A.
3. Lösung: Mittlerer Arbeitsaufwand für A und B, aber ins-
           gesamt weniger als bei Lösung 1 oder 2. Dies
           wäre folglich die für die Organisation beste
           Lösung.

Den Streit um Lösung 1 oder 2 kann man sehr häufig be-
obachten. Erst der Manager, der das Gesamtorganisationsziel
"Effizienz" im Sinn hat, wird sich trotz der für ihn damit
verbundenen Mehrarbeit für Lösung 3 entscheiden. Bei 
einem Zustand mangelnder Zielorientierung über längere Zeit
ergibt sich eine Folge nicht-optimaler Lösungen mit dem Er-
gebnis: Ineffizienz, Verlust der Wettbewerbsfähigeit und 
letztendlich Untergang der Organisation.



-----------------------------------------------------------------
Der Problemlösungsaspekt
-----------------------------------------------------------------
  
Das Handwerkszeug eines Führers zum Lösen von Problemen be-
steht aus drei Substraten: 
1. Grundregeln der Problemlösung,
2. Methoden und Techniken,
3. Fach- und Allgemeinwissen.

Die Grundregeln müssen immer eingehalten werden; eine Ver-
letzung schließt optimale Lösungen von vornherein aus. Die
Methoden und Techniken wirken sich in erster Linie auf die 
Effizienz eines Problemlösungsprozesses aus. Ziel ist ja,
möglichst große Nähe zur Optimallösung bei möglichst ge-
ringem Aufwand zu erreichen. Fachwissen und Allgemeinwissen
schließlich ist stets von Vorteil.


Grundregeln
===========

Zunächst ist die Kongruenz von Problembetroffenheit und
Beteiligung an der Problemlösung zu beachten. Nehmen einer oder
einige der von einem Problem Betroffenen nicht am Lösungsprozeß 
teil, dann wird die Problemlösung unvollständig und eventuell
sogar unbrauchbar sein. Der Volksmund hat dafür eine sehr 
treffende Bezeichnung: Flickschusterei. Nehmen an einer 
Problemlösung Personen teil, die vom Problem überhaupt
nicht betroffen sind, so wird die Problemlösung Komponenten
enthalten, die der Sache nach nicht erforderlich wären: Die
Lösung wird willkürlich oder unnötig komplex ausfallen. In
der EDV führt das zum Beispiel zu einem höheren War-
tungsaufwand bei der Systempflege.

Außerdem ist die Kongruenz von Entscheidung und Verantwor-
tung von Bedeutung: Viele Führer verstoßen gegen den Grund-
satz, dass mit einer Entscheidung auch die Verantwortung für
diese Entscheidung übernommen werden muss. Sie treffen ein-
same Beschlüsse und versuchen bei einem Fehlschlag die
Schuld auf den- oder diejenigen abzuwälzen, bei denen die
Entscheidung ein unlösbares Problem evoziert hat, oder aber
auf diejenigen, die auf Grund ihrer Persönlichkeit zu 
schwach sind, um sich zu verteidigen ("Bestrafung der Unschul-
digen"). Die Unfähigkeit eines Führers, den Grundsatz der
Kongruenz von Problembetroffenheit, Lösungsbeteiligung, Ent-
scheidungsbeteiligung und Verantwortung einzuhalten, führt
zu Ungerechtigkeit, Groll und Aufbegehren.


Der Problemlösungsprozess
-------------------------

Ein Problemlösungsprozess durchläuft mehrere Phasen:
1. Definition des Problems,
2. Entwicklung von Lösungen,
3. Bewerten der Lösungen,
4. Entscheidung für eine bestimmte Lösung,
5. Realisierung der Entscheidung,
6. Bewertung des Ergebnisses.

Die einzelnen Schritte des Problemlösungsprozesses werden
mehr oder weniger sorgfältig durchgeführt. Wichtig ist,
dass Schlamperei bei den ersten Schritten bedeutendere Aus-
wirkungen hat, als bei den späteren. In der EDV kennt
man dieses Phänomen bei der Systementwicklung, die ja auch
nichts anderes als ein Problemlösungsprozess ist.

Schlamperei resultiert meistens aus Zeitdruck, sei er nun
vorgegeben oder eingebildet. Wenn ich durch Schnelligkeit
Zeit spare, so gilt das nur für den Augenblick. Für die 
Zeit, die ich heute spare, muß ich morgen nämlich zusätzliche
Zeit aufwenden, denn Zeitdruck erzeugt schlechtere Lösungen.
Schlechtere Lösungen führen aber wiederum zu Zeitdruck, und
zwar zu zusätzlichem Zeitdruck. Es ist ein Prozess, der sich
selbst verstärkt, ein rückkoppelnder Prozeß, der zu immer
größerer Ineffizienz führt. Immer mehr Zeit muß auf die Lö-
sung von Folgeproblemen, die aus schlechten Problemlösungen
resultieren, verwendet werden. So steht immer weniger Zeit
für die eigentlichen Organisationsprobleme zur Verfügung.
In der EDV nennt man dieses Phänomen Softwarekrise.

Aus dem Abbau des Zeitdrucks folgt nicht Zeitverschwendung.
Es gilt, eine  gemeinsame Lösung für die Probleme, die durch
die Organisationsziele entstehen, zu finden. Das dauert zwar
etwas länger, spart aber Zeit, allerdings erst in der Zu-
kunft. Wenn eine Organisation erst einmal in die Situation
gekommen ist, daß der überwiegenden Teil der Aktivitäten nur
noch aus Flickwerk besteht, dann kommt sie nur durch über-
große Anstengungen wieder aus dieser Situation heraus, näm-
lich nur dadurch, dass man sich zukünftig bei Problemlö-
sungen Zeit läßt - trotz des stets bestehenden und mittler-
weile noch angestiegenen Zeitdrucks. Dazu sind dann wahr-
scheinlich während einer Übergangszeit zusätzliche Arbeits-
kräfte erforderlich.

Die Japaner haben das schon lange begriffen. Ihre Vor-
gehensweise bei Problemlösungen ist bedächtiger und deshalb
gründlicher. Die Entscheidungen fallen langsamer, sind dafür
aber besser.


Entscheidungsfindung
--------------------

Verschiedene Methoden der Entscheidungsfindung stehen zur
Verfügung: 
1. Führerentscheidungen,
2. Mehrheitsentscheidungen,
3. Konsensentscheidungen.

Für jede Entscheidungssituation gibt es das angemessene Ent-
scheidungsverfahren. Ohne hier exakte Kriterien für das je-
weils richtige Entscheidungsverfahren zu definieren, sollen
dennoch einige typische Situationen für die Anwendung der 
verschiedenen Entscheidungsverfahren dargestellt werden.

1. Führerentscheidungen: 
   Beim Untergang eines Schiffes wird man auf Grund der 
   Kompetenz des Kapitäns seine alleinigen Entscheidungen
   zur Rettung der Passagiere akzeptieren. Mehrheits- und 
   Konsensentscheidungen würden auf Grund des Zeitaufwands
   Leben gefährden oder kosten.

2. Mehrheitsentscheidungen:
   Sie sind dann angebracht, wenn bei mehreren möglichen
   Lösungen nicht feststeht, welche die beste ist. Man
   sollte aber zunächst eine Konsensentscheidung darüber
   treffen, ob eine Mehrheitsentscheidung in der Sache an-
   gebracht ist.

3. Konsensentscheidung:
   Konsens ist immer dann zu erreichen, wenn es um Entschei-
   dungen mit langfristigen und schwerwiegenden Auswirkungen
   geht. Nur Konsens bietet die Voraussetzung für die Opti-
   malität einer Lösung. Jeder Verstoß gegen das Konsens-
   prinzip führt zu Widerstand und Ablehnung bei den Über-
   stimmten, und das wohl in den meisten Fällen zu Recht,
   nämlich aus sachlichen Gründen. Für diese Konsensfindung
   muß sich eine Organisation die erforderliche Zeit nehmen.



Methoden und Techniken
======================

Methoden und Techniken der Problemlösung sind auch unter dem
Begriff "Kreativitätstechniken" bekannt. Sie funktionieren
nach dem Grundsatz: Ein "kluger" Lehrer und ein "dummer"
Schüler wissen mehr, als der "kluge" Lehrer allein. Sie be-
wirken eine Aktivierung sämtlichen Wissens der Beteiligten.
Im Grunde sind aber alle Methoden und Techniken Spezialfälle
guter Kommunikation.

In einer Gruppe von Menschen, in der gute Kommunikation
praktiziert wird, entstehen diese Techniken eo ipso. Erwähnt
seien: Brainstorming, laterales Denken, Wertanalyse, Bionik,
Synektik und so weiter.



Wissen
======

Je mehr Fach- und Allgemeinwissen einem Führer zur Verfü-
gung steht, umso größer ist der Raum für mögliche Lösungen
und umso größer die Wahrscheinlichkeit einer optimalen Lö-
sung. Mit Wissen ist jedoch nicht nur das Wissen des Führers
gemeint, sondern das Wissen des gesamten Teams. Auch hier
wieder der Grundsatz: Ein "kluger" Lehrer und ein "dummer"
Schüler wissen mehr, als der "kluge" Lehrer allein.



-----------------------------------------------------------------
Der Kommunikationsaspekt
-----------------------------------------------------------------
  
Den Kommunikationsaspekt bestimmen im Wesentlichen zwei
Komponenten:
1. gute Kommunikation im engeren Sinn,
2. reversibles Verhalten.

Gute Kommunikation ist unabdingbare Voraussetzung für opti-
male und effiziente Problemlösungen. Reversibles Verhalten
ist streng genommen ein Spezialfall guter Kommunikation,
denn dieser Begriff besagt, dass das Verhalten eines Führers
gegenüber seinen Mitarbeitern auch vice versa von den Mitar-
beitern gegenüber dem Führer praktiziert werden kann. Ein
Verstoß gegen diese Konvention bedeutet Machtausübung.
Machtausübung aber ist das Gegenteil guter Kommunikation.

Die Forderung an einen Führer, keine Macht auszuüben, darf
jedoch nicht als Forderung nach einem Laissez-faire-
Führungsstil mißverstanden werden. Es ist nur eine Umschrei-
bung der Forderung, dass jede Handlung eines Führers auf
Organisations-, Sach- und persönlichen Zielen basiert.

Der Kommunikationsaspekt ist wohl die schwierigste Komponen-
te guter Führung. Unser Kommunikationsverhalten wird durch
Herkunft und Entwicklung geprägt. Dieses Prägen ist aber in
erster Linie ein Verkrüppeln dessen, was wir unter guter
Kommunikation verstehen. Jeder Mensch bekommt die Voraus-
setzung guter Kommunikation von Geburt an mit. Kleine Kin-
der halten sich an die Regeln guter Kommunikation (Computer
übrigens auch). Ein Führer jedoch muß sie notfalls wieder-
erlernen. Das ist harte Arbeit, erfordert konzentrierte
Selbstkontrolle und verlangt Mut zur Offenheit und Ehrlich-
keit im Umgang mit Mitarbeitern.

Das Verständnis für die Organisationsziele wird das Bemühen
um gute Kommunikation gründlich unterstützen, ist sogar un-
abdingbare Voraussetzung für gute Kommunikation: Ein
schlecht motivierter Führer verfolgt eigene Ziele und ver-
fällt der Verlockung zur Machtausübung. Machtausübung zer-
stört aber gute Kommunikation, die im Konkurrenzkampf unab-
dingbare Voraussetzung für Effizienz und Lebensfähigkeit
einer Organisation ist. Führung ist folglich - so paradox
es klingt - das Gegenteil von Machtausübung.


Gute Kommunikation
==================

Gute Kommunikation wird von zwei Komponenten bestimmt:
1. Verstehen,
2. sich verständlich machen.
Das erscheint einfach und trivial, wird aber trotzdem nur
von wenigen Menschen praktiziert.

Eine Person, die schlecht kommuniziert, merkt nicht, dass
und wie schlecht sie es tut. Folglich kann sie die Auswir-
kungen ihres Kommunikationsverhaltens nicht mehr aus der 
Qualität ihrer Kommunikation ableiten. Das Ergebnis:
Schlechte Kommunikation stabilisiert sich und führt lang-
fristig zu mangelnder Selbständigkeit, geringer Eigenini-
tiative, Ideenlosigkeit, geringer Zuverlässigkeit, geringem
Interesse, unzureichenden Fachkenntnissen und Humorlosig-
keit - um nur einiges zu nennen.


Verstehen
---------

Verstehen erfordert Zuhören und anschließende Klärung der
Widersprüche. Zu den beliebtesten Unarten gehört es, nicht
richtig zuzuhören; es wird vielleicht noch das Sprechen
wahrgenommen, nicht jedoch der Inhalt des Gesprochenen.

Dieses "nicht richtig zuhören" hat Auswirkungen. Der Spre-
cher geht davon aus, dass das Gesprochene verstanden und vor
allem akzeptiert wurde, und handelt "entsprechend". Die 
Folge sind Mißverständnisse gepaart mit Frustration.

Ein weiterer häufiger Fehler ist der, nicht zu prüfen, ob
man das Gesagte so verstanden hat, wie es verstanden wer-
den sollte. Viele Menschen belassen es bei der Vermutung,
richtig verstanden zu haben, oder biegen das Gehörte auf ihre
eigenen Vorstellungen hin zurecht. Falls sich Menschen gut
kennen, kommt das selten vor oder korrigiert sich von
selbst. Aber auch hier kann es durchaus zu Konflikten kom-
men. Wenn sich aber Menschen weniger gut kennen, führt ein
solches Verhalten zu erheblichen Verzerrungen in der Ein-
schätzung des anderen, die dann Ursache für nahezu unlös-
bare Konflikte werden.

Ein sehr wichtiger Spezialfall ist der, daß einer der
Gesprächspartner einen Sachverhalt verneint, beide jedoch
eine andere Vorstellung über die Art der Verneinung haben
(falsche Verneinung). Hier ist eine Nachprüfung des rich-
tigen Verstandenwerdens beziehungsweise Verstandenhabens
unbedingt erforderlich, denn eine Unterlassung führt zum
Vorurteil, und Vorurteile sind Ursache vieler zwischen-
menschlicher Verletzungen.


Sich verständlich machen
------------------------

"Sich verständlich machen" ist unabdingbare Voraussetzung
für das Entstehen einer Vertrauensatmosphäre. Jemandem ver-
trauen, bedeutet ja nichts anderes als: die Handlungsweise
eines Menschen in etwa voraussehen können. Auch das Vertrau-
en in geschäftlichen Angelegenheiten fällt unter diese Defi-
nition.

Um Vertrauen zu erzeugen, muss sich ein Führer verständlich
machen, indem er für sein Verhalten die Begründung liefert,
sofern diese nicht allgemein bekannt ist. Bei der Begründung
können drei Gesichtspunkte in Betracht kommen: Organi-
sationsziele, sachliche Ziele, persönliche Ziele. Organi-
sationsziele lassen sich leicht als Grund für eine Hand-
lungsweise angeben. Bei den sachlichen Zielen treten aber
schon die ersten Ängste auf, weil man zum Beispiel als fach-
lich inkompetent angesehen werden könnte. Bei den persönli-
chen Zielen wird es dann noch schwieriger: wer gibt schon
gerne zu, dass er sich durch einen Mitarbeiter provoziert
fühlt und sich deshalb abwehrend verhält. Die Folge ist ver-
schlossenheit. Sie führt dazu, dass Mitarbeiter zuwenig In-
formationen darüber erhalten, was einen Führer bewegt. Sie
erfahren nicht mehr, wie ihr Handeln auf ihn wirkt. Dies 
wiederum führt zu Unsicherheit bei den Mitarbeitern und zu
Mißtrauen. Das Verhalten des Führers erscheint als willkür-
lich, oft sogar als feindlich.

In einer solchen Atmosphäre werden Probleme nicht mehr dis-
kutiert. Das schadet letztlich den Organisationszielen, denn
anstehende Sachprobleme werden nicht mehr gelöst, der zwi-
schenmenschliche Bereich wird vergiftet. An die Stelle von
Kooperation tritt das Prinzip "Jeder gegen Jeden", man ver-
sucht sich gegenseitig auszustechen, Wissen wird gesammelt,
aber nicht mehr weitergegeben. Die Folge: Ineffizienz auf
der ganzen Linie.



Folgerungen
===========

Das Bemühen des Führers, die Handlungsweise seiner Mitarbei-
ter zu verstehen, führt dazu, dass die Mitarbeiter dem Füh-
rer verständlich werden. Das Bemühen eines Führers, sich den
Mitarbeitern verständlich zu machen, führt dazu, dass der 
Führer den Mitarbeitern verständlich wird. Wenn ein Führer
also "Verstehen" und "sich verständlich machen" praktiziert,
dann wird ersteres beim Mitarbeiter Letzteres bewirken und
umgekehrt. Die faszinierende Folge: Der Führer vermittelt
den Geführten Führungsverhalten; Mitarbeiter handeln wie
Führer, Führer handeln wie Mitarbeiter.

Ein neues Problem entsteht: Der gute Führer kann durch seine
Mitarbeiter ersetzt werden. Ein guter Führer braucht deshalb
selbst wieder einen guten Führer als Vorgesetzten. Ist näm-
lich der Vorgesetzte ein schlechter Führer, so kommt es not-
gedrungen zu Mißverständnissen und Mißtrauen. Irgendwann
wird dann dieser gute Führer durch einen anderen ersetzt, der
ähnliche Kommunikationsdefekte aufweist wie der Vor-
gesetzte. Viele Führer machen von vornherein intuitiv das
"Richtige": Sie vermitteln ihren Mitarbeitern keine gute
Kommunikation und damit auch keine Führungseigenschaften.
Sie laufen nicht Gefahr durch ihre Mitarbeiter ersetzt zu
werden.

Kurz: Gute Führer brauchen gute Führer; schlechte Führer 
bringen schlechte Führer hervor.


Konfliktlösung
--------------

Trotz aller Bemühungen um gutes Verstehen wird es ab und zu
Konflikte geben. Konflikte sind Probleme die im persönlichen
Bereich liegen. Da es Probleme sind, gelten auf jeden Fall
die Grundregeln für das Lösen von Problemen. Dabei ist ent-
scheidend, dass Konflikte genau von denjenigen gelöst werden
müssen, die davon betroffen sind. Sehr beliebt ist das Ein-
greifen von Vorgesetzten, die dann die Konfliktlösungen be-
stimmen, die ihnen am geeignetsten erscheinen, die aber in
der Regel an einer wirklichen Lösung vorbeigehen.

Dieses Eingreifen Nichtbetroffener rührt daher, dass Konflikte
in unserer Gesellschaft von vornherein negativ beurteilt werden. 
Deshalb werden Konflikte nicht ausgetragen, sondern "unter
den Teppich gekehrt" nach dem Grundsatz: Wichtig ist nicht
eine wirklich freundliche Atmosphäre, sondern nur das
freundliche Erscheinungsbild der Atmosphäre.

Konflikte haben jedoch die gleiche unangenehme Eigenschaft
wie der Schmutz, der unter den Teppich gekehrt wurde:
Irgendwann tauchen sie wieder auf, und niemand weiß mehr,
wie sie eigentlich entstanden sind. So wie unterlassene
Problemlösungen zu größeren Problemen führen, so führen
unterlassene Konfliktlösungen zu größeren Konflikten. Der
einzig gangbare Ausweg lautet: Konfliktlösung sofort!

Konfliktlösung ist grundsätzlich nach den Regeln guter 
Kommunikation möglich: "verstehen wollen" und "sich ver-
ständlich machen". Infolge unserer verkümmerten Kommunika-
tionsgewohnheiten ist es uns aber häufig unmöglich, der 
Ursache eines Konflikts auf die Spur zu kommen, unter
anderem deshalb, weil bei der Kommunikation Verhaltenswei-
sen praktiziert werden, deren Wirkung uns gar nicht bewußt
wird (Körpersprache). Es kann vorkommen, dass die Signale,
die jemand durch sein Verhalten aussendet, für den Enpfänger
eine andere als die von dem Sender gewünschte Bedeutung
haben.

Ein weiteres Problem liegt in der Beschränkung der Aus-
drucksmittel. So ist zum Beispiel in unserer Gesellschaft
das Vertreten von Argumenten mit Hilfe größerer Lautstärke
tabuisiert; viele Menschen empfinden Lautstärke wohl deshalb
als bedrohlich, weil sie während der Erziehung meistens 
Zeichen der Machtausübung war. Mit der Tabuisierung der
Lautstärke raubt man der zwischenmenschlichen Kommunikation
eine Informationsquelle ersten Ranges. Die mehr oder minder
große Lautstärke gibt nämlich Information über die Bewertung
des jeweils Gesagten. Lautstärke wird immer dann ein-
gesetzt, wenn der Gesprächspartner durch sein Verhalten die
eigene Person oder Sachaussage entwertet. Durch Lautstärke
wird wiederaufgewertet. Eine andere Möglichkeit der Wieder-
aufwertung ist häufig nicht gegeben, da die Entwertung un-
bewußt erfolgte und deshalb nicht mit Worten angesprochen
werden kann. Lautstärke ist darüberhinaus aber auch ein
effizientes Mittel zur Bewertung oder Aufwertung von Sach-
verhalten, vor allem ein angemessenes Mittel. Würde ich ver-
suchen, ohne Lautstärke auszukommen, müßte ich dem Gesagten
stets noch eine Bewertung hinzufügen.

Da Lautstärke tabuisiert ist, greifen die Menschen zu an-
deren Mitteln, die jedoch den Grundsätzen guter Kommuni-
kation widersprechen: Sie entwerten den anderen Gesprächs-
partner. Wichtig bei Konfliktlösungen ist, sich immer wieder
auf die Grundsätze guter Kommunikation zu besinnen: die 
eigene Betroffenheit verständlich machen, die Betroffenheit
des anderen verstehen wollen.



-----------------------------------------------------------------
Schlußbemerkung
-----------------------------------------------------------------
  
Führen heißt also letztendlich: zielorientiert Probleme lö-
sen durch gegenseitiges Verstehen, durch "verstehen wollen"
und "sich verständlich machen". Bei guter Kommunikation ver-
laufen Informationsprozesse sehr schnell und gründlich. Das
Ergebnis ist hohe Effizienz und Flexibilität. Durch gegen-
seitiges Verständnis entsteht eine freundliche, kreative und
erfolgreiche Atmosphäre, die eine hohe Motivation für die 
Organisationsziele schafft.



-----------------------------------------------------------------
Verweise
-----------------------------------------------------------------

Effektives Führungsverhalten in Harvard Manager Magazin III/1983 



Vorspann Aktuelles Inhaltsverzeichnis Stichwortverzeichnis Impressum Nachricht an Erich Paus
Ich habe keinerlei Einfluß auf die Inhalte der Seiten an den Zielen der Verweise auf dieser und allen anderen Seiten von PausErich.de. Deshalb distanziere ich mich ausdrücklich von all ihren Inhalten und mache sie mir insbesondere nicht zu Eigen.
Copyright © 2002-2009 Erich Paus. Alle Rechte vorbehalten.